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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.08.2010


Lissie - Catching A Tiger
Lisa Erdmann

So sommersprossig und ungeschminkt wie das Albumcover klingt auch Lissies Musik: statt konservierter Pop-Blasen erwartet die Hörerin schnörkelloser Country-Folk-Blues, der mit erdigen ...




... Gitarrenriffs und authentischen Vocals mitten ins Herz trifft.


Mit ihren flachsblonden Haaren und den unschuldigen blauen Augen wirkt Elisabeth Maurus, kurz Lissie, auf den ersten Blick wie das nette Mädchen von nebenan. Doch die Betrachterin täuscht sich - die 28-Jährige Singer/Songwriterin war nämlich noch nie wirklich brav. Als Kind schwänzte die in Rock Island, Illinois geborene Musikerin die Schule, widersprach den LehrerInnen und wurde einmal sogar von der Highschool geschmissen. Sie hörte am liebsten Gangster-Rap und nahm an Auditions der örtlichen Theatergruppe teil.

Auch heute ist die 28-Jährige immer noch kein ganz normales, niedliches Mädchen aus dem mittleren Westen, sondern eine eigenwillige, mutige junge Frau, die zu dem steht, was sie tut und ihre Musik aus ganzem Herzen lebt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ihr von Grammy-Gewinner Jacquire King (Norah Jones, Kings Of Leon) produziertes Debüt-Album "Catching A Tiger" so überzeugend authentisch und klangvoll daherkommt. Lissies Songs sind einfach ehrlich.

Nachdem bereits die erste Singleauskopplung "When I`m Alone" einen mittleren Hype um die Newcomerin auslöste, sind die Erwartungen an ihren ersten Longplayer natürlich groß. Dass "Catching A Tiger" diesem Druck locker standhalten kann, beweist bereits der Opener. Das trotzige "Record Collector" überzeugt mit hausgemachter Küchen-Perkussion (welche Frau unweigerlich an den nächsten Abwasch denken lässt) und dem Facettenreichtum von Lissies Ausnahmeorgan. Die 28-Jährige singt nicht einfach nur, sie hüllt ihre Worte in schillernde Klangblasen, welche mal wütend bis flehend, mal zärtlich im Takt zerplatzen.

Auch die Single "In Sleep" ist eine Entdeckung. Mit rauem Sprechgesang und erdigen Drums vertont die Newcomerin ihre keineswegs staubigen Geschichten von Sehnsucht und Einsamkeit. Zwischen Lagerfeuerstimmung und erwachsenem Country-Rock wird die Hörerin spätestens beim Gitarrensolo in den schnörkellosen mittleren Westen entführt.

"Catching A Tiger" setzt nicht auf ausgefallene Instrumentalisierungen oder die Macht des Synthesizers, das Album lebt allein von der Stimme der Interpretin. Titel wie "Little Lovin`", "Loosen The Knot" oder "Chuckoo" sind dank Nashville-Sound und Kornfeld-Stimmung eindrucksvolle Vertonungen von Lissies unbeugsamer Folk-Americana-Seele. Die Songs erwecken den fast vergessenen Indie-Rock/Pop der Künstlerinnen Stevie Nicks oder Neko Case zu neuem Leben. Der Track "Everywhere I Go" verleitet die Hörerin gar, gesangliche Parallelen zu Leslie Feist zu ziehen.

Lissie im Netz: www.lissie-music.de

AVIVA-Tipp: Lissies Songs sind wahre Kunststücke, die zwischen Verletzlichkeit, Trotz und Mut voller Lebendigkeit ins Ohr gehen. Ungeachtet all der Versuche bleibt es schwer, einen gelungenen Vergleich zwischen dieser und anderen Sängerinnen zu ziehen - und genau das ist es auch, was Lissies Einzigartigkeit am treffendsten formuliert.


Lissie
Catching A Tiger

Label: Sony Music, VÖ: August 2010


Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Neko Case - Fox Confessor Brings The Flood

Neko Case - The Tigers Have Spoken


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Beitrag vom 15.08.2010

Lisa Erdmann